Freitag, 12. August 2011

Abo-Falle Abzocke

Abo-Falle, Aufgepasst!

Immer häufiger berichten Menschen davon, dass ihnen Geld unter Hinweis auf ein bestehendes Abonnement vom Girokonto (oder Handy-Vertragskonto) abgebucht wurde, ohne dass eine Lastschrifteinzugsermächtigung oder ein Lastschriftabbuchungsauftrag erteilt worden wäre. Es folgt die Beschwerde bei einer freundlichen Dame an irgend einem Telefon, die einem erklärt, dass man doch irgendwas veranlasst haben müsse, wenn abgebucht wurde. Außerdem folgt die Nachfrage, ob man denn kündigen wolle, was man dann bejaht, weil man ja gar kein Abo wollte. Diese Antwort hatte man sich dann aber nicht so reiflich überlegt.
Da eine Kündigung nur ein bestehendes Dauerschuldverhältnis beenden kann, taucht ein Problem mit dem Bestehen des Abo-Vertrages auf. Wer kündigt, der darf sich nicht wundern, wenn sich die Gegenseite auf den Standpunkt stellt, dass sie in der Kündigung zunächst einmal das Bestehen eines Abo-Vertrages bestätigt sieht, welcher dann ja frühestens mit Mindestlaufzeit (oft 24 Monate) sein Ende fände.

Wenn etwas nicht stattgefunden hat, sollte man dieses auch so schreiben. Ich empfehle (unverbindlich) unten aufgeführte Reihenfolge beim Verfassen seiner (Unmuts)Erklärungen, wobei das Berufen auf die Nichtigkeit ganz vorn steht und alles andere Stufe für Stufe nur hilfsweise geschieht.

Die eigene schriftliche Erklärung am Besten mehrkanalig an den Empfänger richten (per Telefax, per E-Mail, per Einwurfeinschreiben mit Rückschein, per Normalpost, …). Wenn der Empfänger das alles am Ende als nicht erhalten zu haben vorgibt, erscheint er unglaubwürdig. Noch ein Tipp: Sämtliche Dokumente sammeln, insbesondere Sendeprotokolle und Rückscheine; die werden eines Tages eventuell vom Rechtsanwalt gebraucht.

Reihenfolge:
A. Rechtshindernde Einwendungen
Es gibt keinen Vertrag. Aus nicht vorhandenem Abo-Vertrag können keine Ansprüche hergeleitet werden.
A.1 Auf Nichtigkeit berufen: mangels Bindungswillen, wegen Sittenwidrigkeit, wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben. Aus nichtigem Vertrag (= Abo) können keine Ansprüche hergeleitet werden.
A.2 Hilfsweise Anfechtung erklären:
A.2.1 Irrtumsanfechtung wegen arglistiger Täuschung
A.2.2 Irrtumsanfechtung wegen Erklärungsirrtums
A.2.3 Irrtumsanfechtung wegen Eigenschaftsirrtums und / oder
A.2.4 Irrtumsanfechtung wegen Inhaltsirrtums

B. Rechtsvernichtende Einwendungen:
Ein Vertrag wird mit Rückwirkung beseitigt. Aus vernichtetem Abo-Vertrag können also keine Ansprüche hergeleitet werden. Daher folgende Erklärungen:
B.1 hilfsweise Widerruf eines evtl zustande gekommenen, sicherlich aber nicht gewollten Vertragsschlussantrages oder dessen versehentlicher Annahme
B.2 hilfsweise Rücktritt von aus gleichem Grunde nicht gewollten Vertrages
B.3 hilfsweise Wegfall der Geschäftsgrundlage
B.3 hilfsweise Fristlose Kündigung
B.4 hilfsweise Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt

C. Rückzahlungsaufforderung unter Fristsetzung (zehn Tage)
Hoffentlich kommt das Normalabo-Opfer mit diesen Empfehlungen aus.

Falls kein Geld kommt, empfehle ich erstens, das Lehrgeld abzuschreiben, zweitens den Gang zum Anwalt, um dem schlechten Geld das gute Geld noch hinterherzuwerfen.
D. Wem dies zuviel oder zu kompliziert ist, der kann mich gerne beauftragen.
http://www.ra-wigger.de/ oder per E-Mail kanzlei(at)ra-wigger.de

Habe ich Chancen, eine solche Auseinandersetzung zu gewinnen?

Sofern (1) kein Abo-Vertrag abgeschlossen oder (2) ein zunächst zustande gekommener Abo-Vertrag durch Anfechtung beseitigt wurde, stehen die Chancen gut, auch wenn man weiterhin postalisch genervt wird. (3) In der oben zusammengestellte Reihenfolge ist sozusagen eine Abstufung mit immer schlechter werdenden Chancen.
(Unwirksamkeit => Nichtigkeit => Anfechtung => Widerruf => Rücktritt => Wegfall der Geschäftsgrundlage => fristlose Kündigung => fristgerechte Kündigung).
Zwar muss ein Richter von Amts wegen gesetzliche Voraussetzungen prüfen und insoweit Stufe für Stufe für Stufe vorgehen. Wer von Anfang an aber nur gekündigt hat, geriert sich doch so, als habe er einen (bestehenden) Vertrag für die Zukunft beenden wollen. Unwirksamkeit, Nichtigkeit, Anfechtung, Widerruf und Rücktritt wirken aber schon einmal in die Vergangenheit. Ich fange daher ganz vorn vor dem angeblichen Zustandekommen des Abo-Vertrages an (also vor der ersten Reihe).

Wer hingegen ein Abonnement abgeschlossen hat und sich zu Unrecht auf die Nichtigkeit beruft und es zu Unrecht anficht oder den Rücktritt erklärt, dem bleibt ungünstigstenfalls am Ende nur noch die reguläre Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt übrig, gegebenenfalls eine Abstandszahlung … oder er erkämpft sich sein Recht vor Gericht, indem er auf den Reinfall durch die Abo-Masche verweist, jetzt aber doch die Handlungen und Willenserklärungen der Gegenseite als rechtswidrig mit Durchgriff auf seinen Vertrag darlegen muss. Von der Gegenseite weiß man in der Regel zu wenig, außer dass man eben in deren Abo-Falle getappt ist.

Glücklicher Ausgang eines echten Beispielfalles!

Es hat ohne Gericht geklappt:
Nach Berufung auf 1. Nichtigkeit, 2. hilfsweiser Irrtumsanfechtung wegen a. arglistiger Täuschung, b. Erklärungsirrtums, c. Eigenschaftsirrtums, d. Inhaltsirrtums, 3. Widerrufs, 4. Rücktritts, 5. fristloser Kündigung, 6. Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt bei gleichzeitiger Aufforderung zur Rück- und Schadensersatzzahlung von abgebuchten 34,93 € und 46,41 € Anwaltskosten kam ein Brief mit der Ankündigung, “ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz” die geforderten 81,34 € zurückgezahlt werden. Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht heißt zwar, dass unter Vorbehalt zurückgezahlt wurde, so dass ich auf Vorbehaltlosstellung klagen könnte.
Das schenke ich mir aber, denn wenn jetzt nach der Rückzahlung der Anwalt die Rückzahlung der Rückzahlung eingefordern würde, tendieren deren Erfolgsaussichten gen Null.

MfG Rainer Wigger >kanzlei(at)ra-wigger.de< Rechtsanwalt

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen